Nur Technologie bringt uns weiter
Bis 23. August, um 19.50 Uhr, dachte ich, es wird nie eine vernünftige Batterie für den Antrieb unserer Fahrzeuge geben – mit genügend Leistung für 1.000 km Reichweite und schnell zu laden. Aber es bewegt sich was. Die Bundesregierung hat den Wasserstoff entdeckt – lange genug hat es gedauert – und ich hatte wieder ein Aha-Erlebnis: 2:15 min ‚Wissen vor 8‘ in der ARD. Anja Reschke demonstrierte, wie ein Regenschirm durch ein paar Regentropfen zu leuchten beginnt. ‚Steter Tropfen macht den Strom‘ war das Thema. Das Geheimnis eine Teflon-beschichtete Generatorplatte, die durch die Reibung der Wassertropfen auf dem Teflon elektrische Ladung ansammelt, die von der darunterliegenden Halbleiterschicht und einer Aluminiumelektrode in einem Stromkreislauf genutzt werden. Richtig viel Strom mit dem Tropfengenerator erzeugen ließe sich in Flüssen, sagt Anja Reschke. Wie wäre es aber, wenn verbrauchernah ganze Kanalisationen mit den Tropfengeneratoren ausrüstet oder damit überhaupt wasserführende Rohrsysteme gebaut werden? Lässt sich so unser steigender Strombedarf entscheidend decken? Und welche Rolle könnte diese Technologie in der Zerspanung spielen?
„KI spielt künftig eine immer größere Rolle“
Dass gerade deutsche Technologien in Werkzeugmaschinen eine große Rolle spielen, ist kein Zufall, sondern Ergebnis jahrzehntelanger Tradition und universitären Entwicklung, vor allem in Aachen, Darmstadt, Dortmund, Hannover und Schmalkalden – dokumentiert in der NCFertigung seit 42 Jahren. In dieser Ausgabe zeigt uns schon die Hexagon-Tochter m&h Inprocess Messtechnik deren einmalige Funk-Systembasis, die für Messtaster und Werkzeugmesssysteme verwendbar ist (S.6). Wie verschiedenste Technologien optimal zusammenspielen und Fräser jetzt sogar Flächenübergänge in Formen verschleifen, beweisen in der Titelstory der Werkzeughersteller Horn, die CAD/CAM-Experten von Open Mind und der Spanntechnikhersteller Schunk (S.14). An dieser Präzision hat natürlich die Digitalisierung einen erheblichen Anteil. Nicht ohne Grund erklärt EVO-Gründer Jürgen Widmann in seiner Smart Factory ab Seite 72 „Das digitale Potenzial ist riesig“. Gut, dass sich die Technologien auch auszahlen und sich die Umsätze gerade der deutschen Hersteller wieder erholen, was Stefan Zecha, Vorsitzender des VDMA-Fachverbandes Präzisionswerkzeuge, unlängst belegte und für 2021 ein Plus von 15 % prognostizierte (S.12).
„Messtechnik wird immer wichtiger. Nur so lassen sich geschlossene Regelkreise weiter optimieren.“
Fachverbands-Geschäftsführer Markus Heseding ergänzte technologisch: „Wir sehen jetzt, wie wichtig es für den zukünftigen Erfolg innovativer Metallbearbeitung im Rahmen von I4.0 sein wird, dass sich schnell und flächendeckend die Serialisierung und damit eine einheitliche, maschinenlesbare Kennzeichnung für Werkzeuge und Werkzeugspannmittel durchsetzt.“ Um auf das nächste Level der Automatisierung zu kommen, betont Markus Heseding, muss man nämlich Komponenten eindeutig identifizieren können. Denn das sei eine wichtige Voraussetzung für I4.0-Anwendungen. Und Markus Heseding denkt natürlich noch weiter: „KI spielt zukünftig bei der Verbesserung der Bearbeitungsprozesse eine immer größere Rolle, weil die zu interpretierenden Datenmengen riesig sind und die Daten miteinander verknüpft werden müssen, um die richtigen Schlüsse ziehen zu können.“
Die Message ist also klar: Messtechnik wird immer wichtiger. Nur so lassen sich Digitalisierung und Automatisierung mit geschlossenen Regelkreisen weiter optimieren. Nächster Gratmesser wird ab 4. Oktober die EMO in Mailand sein. Anfang November folgt die 14. Schmalkalder Werkzeugtagung (S.12), bei der 21 Experten sämtliche Trends von Digitalisierung, Additiver Fertigung bis zu KI aufgreifen – ob dabei schon ein leuchtender Regenschirm oder eine stromerzeugende Kühlschmierstoffleitung im Spiel ist, bleibt abzuwarten. Ich wünsche viel Erfolg in Mailand.