„Oft reicht der 12er HPC-Fräser“
Trochoidal oder Vollnutfräsen? Ist der 16er Fräser das richtige Werkzeug? Der Werkzeughersteller ZCC-CT löst die Fragen vieler Zerspaner immer öfter im 2019 eröffneten Techcenter in Düsseldorf.
HARALD KLIEBER
Weit über 150 Fachleute kamen seit Mai 2019 nach Düsseldorf in das Testund Demonstrationszentrum der Europazentrale des größten chinesischen Herstellers von Präzisionswerkzeugen ZCC-CT. „Trotz Corona hatten wir viele Anfragen, haben bis dato viele Material- und Werkzeugtests durchgeführt. Zwei Dutzend Terminwünsche stehen momentan aus, die müssen wir noch corona-konform koordinieren“, berichtet Martin Sprung, der das Marketing und Business Development verantwortet und ausgerechnet beim Reportagetermin positiv getestet war. „Trotz Bürokratie und Coronaauflagen sind wir sehr zufrieden – sowohl mit 2021, als auch mit dem gut angelaufenen Geschäftsjahr 2022. Unsere Wachstumsziele konnten wir trotz Corona durchwegs realisieren. Wir sind voll auf Wachstumskurs.“ Die zuletzt 2019 kommunizierten europäischen Umsätze von rund 30 Mio. Euro konnten mit über 40 Mio. Euro in 2021 deutlich übertroffen werden. Die gute Entwicklung führt Martin Sprung auch auf die exzellente Rohstoffversorgung zurück: „ZCC-CT ist eine Tochter der großen chinesischen Minmetals Corporation, die aus eigenen Minen nicht nur Kobalt & Co fördert. Die Rohstoffe werden innerhalb des Konzerns sehr schnell zu handfesten Halbzeugen für Zerspanungswerkzeuge geformt. Diese Liefergarantie ist tatsächlich in der heutigen Zeit ein entscheidendes Kriterium, welches uns einen großen Vorteil gegenüber den Mitbewerbern verschafft“, betont Martin Sprung.
Universal stechen und fräsen
Spannend sei aber, so Manager Product Management Sandro Maaß, dass die steigenden Absatzzahlen weniger durch High-tech-Werkzeuge entstehen: „Die größten Umsatzanteile generieren wir nach wie vor mit unseren Wendeschneidplatten-Werkzeugen zum Fräsen und Drehen – die vor allem zur Stahlbearbeitung eingesetzt werden.“ Highlights seien die YBC-Sorten 103 und 203, die maximale Produktivität oder eben lange Standwege erlauben. Zwischen 0,5 und 2,5 mm oder 1,0 bis 6,65 mm ap könnten so zugestellt werden, was einem f von 0,1 bis 0,35 oder 0,2 bis 0,65 mm entspricht. „Letztlich zählt wirklich nur die Performance. Unser Hauptaugenmerk liegt darauf, das Zerspanvolumen zu maximieren. So haben wir jetzt auch das neue Modularstechwerkzeug zFlex auf Wellen bis 80 mm Durchmesser abgestimmt, also für sehr tiefe Stechoperationen in nur einem Zug.“ Als weiteren Trend sieht Norbert Reiche auch die universelle Einsetzbarkeit der Werkzeuge: „Wie gesagt, nicht für jede Operation, für jede Geometrie ein eigenes Werkzeug. Deshalb achten wir schon bei der Entwicklung auf möglichst universell einsetzbare Dreh- und Stechwerkzeuge. Eine Platte für 10 Anwendungen oder Geometrien – und nicht umgekehrt. Das spart bei unseren Kunden vor allem richtig Platz im Werkzeugschrank und im Magazin der Maschine“, erklärt Norbert Reiche.
Trochoidales Stechdrehen?
Passend dazu empfiehlt Anwendungstechniker Christoph Marohn das trochoidale Stechdrehen. „Trochoidales Stechdrehen ist ideal, weil Sie mit unseren rundum einsetzbaren -Wendeschneidplatten die komplette Geometrie von einfachen Drehteilen quasi ohne Unterbrechung längsdrehen können. Das Werkzeug pendelt dabei auf ganzer Werkstücklänge zwischen Abschnitt und Spannfutter und wieder zurück – ohne eben absetzen zu müssen. Das Werkzeug wird also gar nicht mehr positioniert, sondern ist permanent im Eingriff.“ Nach Angaben von Christoph Marohn verkürzt das die Bearbeitungszeiten dramatisch, eben um bis zu 50 %. ZCC-CT hat für das Trochoidaldrehen bereits einige Plattengeometrien mit den nötigen Radien im Programm.
Trochoidalfräsen mit bis zu 60 mm ap
Viel Zeit und Geld lässt sich auch beim Fräsen sparen, wenn der richtige Fräser ausgewählt wird. Zwar ist Trochoidalfräsen gerade voll im Trend, muss aber nach Erfahrung von Anwendungstechniker Clemens Dresen nicht immer die günstigste Lösung sein. „Trochoidalfräsen kostet erst mal mehr Zeit, weil die kreisende Wegstrecke deutlich länger ist als die Geradeausfahrt beim Vollnutfräsen – und der Trochoidalfräser ist natürlich auch teurer als ein herkömmlicher High Performance cutter.“ Wer also Nuten mit geringeren Tiefen fräsen will, dem empfiehlt Clemens Dresen meistens die HPC-Fräser der VPM-Serie mit Durchmessern von 5 bis 20 mm. „Wenn Sie die VPM-Fräser mit der passenden Breite auswählen, machen die in einem Zug die Nut. Trochoidal braucht Platz. Sie müssten also einen schmaleren Fräser wählen, der dann aber wegen des schwächeren Durchmessers nicht so stabil läuft.“ Dagegen punkten die Trochoidal-Fräser der UMC-Serie natürlich voll, wenn tiefe Nuten mit bis zu 60 mm zu machen sind, obwohl sie nur 4 Schneiden haben, ist der Kern genauso massiv ausgebildet wie beim 5-schneidigen UM-Fräser. Diesen großen Pluspunkt begründet Clemens Dresen vor allem mit den deutlich längeren Schneiden der UMC-Trochoidalfräser. „Die UMC-Fräser haben Spanteiler für niedrigere Zerspanungskräfte durch unterbrochenen Schneideneingriff, das hat zur Folge, dass Späne besser evakuiert werden, besonders bei der Taschenbearbeitung. Das sorgt beim Trochoidalfräsen für sehr schöne, gleichmäßige kurze Späne und damit lange Standwege“, resümiert Clemens Dresen.
Beispiele: Impeller und Wendeschneidplatten-Modelle
Wie leistungsfähig die Werkzeuge sind, demonstrieren die Anwendungstechniker natürlich gerne im Techcenter. Die Emco Hyperturn 65 Powermill dreh-fräste mit 11 Werkzeugen einen Impeller aus Aluminium. „Wir wollten einfach mal zeigen, dass unsere Standardwerkzeuge völlig ausreichen, um auch ein solches Lüfterrad mit diesen filigranen Konturen und Materialquerschnitten herausarbeiten zu können“, erklärt Christoph Marohn den Auftrag. Und das scheint gelungen: Der Impeller mit rund 200 mm Durchmesser wurde 24 min gedreht, 1 h geschruppt, dann in 8 h die Flügel geschlichtet und in gut 6 h der Boden und die Radien feinbearbeitet. „In Summe läuft das Teil rund 13 h – und kann problemlos auch über Nacht laufen.“ Geplant ist nun, erklärt Norbert Reiche, den Impeller aus Edelstahl zu fertigen – „möglichst natürlich auch in der Nachtschicht. Das ist eine echte Challenge und wird unsere Werkzeuge und Programmierkünste fordern“, ist sich Norbert Reiche sicher. Das Ergebnis soll spätestens zur AMB im September präsentiert werden.
Deutlich früher ist dagegen die Präsentation der Wendeschneidplatten-Modelle geplant, die schon im April auf der Aerospace-Fachmesse in Sheffield ausgestellt wurden und deshalb in einer kleinen Serie auf dem 5-Achs-BAZ im Techcenter, der Alzmetall GS1000- 5-FDT, produziert wurden. „Herausforderung bei den Platten-Modellen waren natürlich die Oberflächen“, die nach Angaben von Clemens Dresen nicht nur glänzen, sondern wirklich glatt sein sollten. „Da wir schon einige Dutzend Give-aways für die Messe fertigen wollten, sollte die Bearbeitungszeit natürlich nicht ewig dauern. Deshalb haben wir die Bearbeitung erst mit der Tebis-CAD/CAM-Software simuliert und optimiert. Die Bestzeit liegt nun mit vier Standardwerkzeugen und einmal umspannen bei gut einer Stunde.“ Exakt, so Clemens Dresen, seien es 1:12 h. Schnell geschruppt mit dem „bösen Schrupper“, einem hochpräzisionsgeschliffenen 16er Alufräser, seien die Plan- und Schulterflächen gleich.
Dauern würde dann natürlich, die Wende-schneidplatten-Konturen herauszuarbeiten. „Um hier Zeit zu sparen, setzen wir drei Kugelfräser ein: einen 6er, einen 3er und einen 2er. Trotzdem dauert das Schlichten natürlich seine Zeit: also rund 52 min. Die Oberflächen können sich aber sehen lassen – spätestens auf der Mach in Sheffield und bestimmt auch auf der AMB“, verspricht Norbert Reiche.
Web-Wegweiser: zccct-europe.com